Firmenverkauf, Übernahme, Fusion: Bitte mit heissem Schmelztiegel

Das mag sich der eine oder andere Neu-Inhaber einer Firma oder eines Firmenanteils denken: Endlich haben «wir» es geschafft: Eine beträchtliche Summe in die Anteile an der anderen Firma investiert! Erleichterung und Energieschub sind die Folge. Jetzt sofort oder wenigstens sehr bald, gehören die zusätzlichen Mitarbeitenden zu «unserem» Team. Und, was fast noch besser ist: «Unsere» neuen guten Kunden! Und ganz ehrlich? Dieser Wachstumsschub ist ja so viel einfacher gewesen als wenn wir das alles schrittweise, mühsam, langsam und voller Rückschläge selber hätten erreichen müssen. Doch Achtung: Es gibt mehr Misserfolge bei der Übernahme oder Fusion, als die anfängliche Euphorie nahelegen würde.

So gelingt der Firmen-Honeymoon

Iris Wirz gibt im Interview Hinweise, wo die grössten Fehler liegen und wie sie sich vermeiden lassen.

Warum sind Übernahmen und Fusionen oft eine Enttäuschung?

Manche Käufer oder Investoren gehen davon aus, dass sie Firmen kaufen können. Das ist letztlich nicht der Fall. Das Geld ist nur der Eintrittspreis. Dann kommt die emotionale und kulturelle Eroberung. Diese Phase ist ambitiös, durchaus langwierig, anstrengend und oft verlustreich.

Was sind typische Fehler?

In der Regel wird unterschätzt, die stark sich die Kunden an eine gewisse Firmen-DNA gewöhnt haben. Ob Mitarbeitende oder Kundschaft – die meisten Menschen ruhen gerne in der Komfortzone. Man hat sich eingerichtet, weiss, worauf man sich verlassen kann oder auch nicht. «Die Neuen» stossen also zuerst einmal auf Ablehnung. Man ist misstrauisch. Im Gegensatz zum Käufer spüren Kunden und Mitarbeitende keine Euphorie, sondern eher Verunsicherung. Das führt zur Distanzierung. Man wird neugierig auf neue Erfahrungen mit anderen Anbietern oder anderen Arbeitgebern. Das Engagement sinkt und Fluchtgedanken oder -bewegungen sind die Folge.

Welche Firmengrösse ist besonders anfällig?

Der – fehlerhafte – Mechanismus ist in Firmen und Organisation ähnlich – in kleinen oder grösseren KMU wie in Grosskonzernen oder Verbänden.

Wie funktioniert der «Mechanismus»?

Der Kauf- oder Übernahmeakt wird entwicklungstechnisch überschätzt und kulturell unterschätzt. Die Kommunikationsschritte genügen knapp dem Minimum. Man «besitzt» ja nun – warum noch erobern? Also werden Mitarbeitende und Kunden informiert, mit einer sanften Sprachregelung «beruhigt», ja eigentlich stillgehalten. Dann wendet man sich möglichst rasch dem Tagesgeschäft zu. Vielleicht wird die «frohe Kunde» noch der Fachwelt oder der breiten Öffentlichkeit mitgeteilt.

Ist die neue Crew im Tagesgeschäft angekommen, holpert es plötzlich an allen Ecken und Enden. Das kostet Zeit und Energie. Manchmal lassen sich die Misstöne nicht beseitigen. Trennung von Mitarbeitenden, Verlust der Kundschaft oder aufreibende und sich hinziehende Veränderungsprozesse sind die Folge.

Wie geht das besser?

Ich habe das Wort Eroberung gebraucht und darum geht es. Letztlich muss das neue gemeinsame Ganze mehr begeistern als die früheren Fragmente. Begeisterung entfachen können am besten begeisterte Menschen. Wer keine Begeisterung spürt, sollte in einem solchen Prozess keine dominante Rolle spielen. Es geht nicht um «Gspürschmi», sondern um die gegenseitige Wertschätzung, gemeinsame neue Ziele, Spass und Erfolg im gemeinsamen Tun. Dies gelingt viel besser, wenn die Strategie stimmt und stimuliert, die Struktur optimales Handeln fördert und die Firmenkultur bewegt.

Was heisst das konkret?

Zuerst geht es darum, die Erwartungen, Befindlichkeiten und Chancen genau herauszufinden. Wir empfehlen deshalb, mit qualitativen Interviews zu starten. Die Auswertung zeigt, welche Ziele und Projekte Energie freisetzen, Begeisterung auslösen, Unterstützung verdienen und auch bekommen.

Anschliessend werden neue Projekte definiert, die sowohl nach innen wie nach aussen signalisieren: Wir erobern gemeinsam die neuen Märkte – oder welche Ziele es auch sein mögen. Idealerweise sind die Aktivitäten ein längerer Prozess. Nichts schweisst Menschen so gut zusammen wie gemeinsame Erlebnisse und Erfahrungen. Dabei meine ich nicht solche Dinge wie gemeinsames Kochen oder Bergsteigen oder Segeln. Ich denke eher an reale, firmenbezogene Ereignisse mit messbarem Erfolg beim Umsatz und Gewinn.

Wieviel Erfahrung haben Sie in der Begleitung von Fusionen oder Übernahmen?

Als PR-Beraterin bei Wirz am Üetliberg habe ich die Integration von neuen Firmeneinheiten beobachtet. Als internationale PR-Chefin in der Telekommunikationsindustrie habe ich gesehen, wie man trotz viel Kapital immer wieder am Gleichen scheitern kann. Bei Iris Wirz c&p communications haben wir mehrere kleine und mittlere KMUs bei Übernahmeprojekten begleitet. Manchmal werden alle Warnungen in den Wind geschlagen; die Kommunikationsbereitschaft wächst aber mit der Grösse des Scherbenhaufens. Doch dann sind meist die wertvollen Mitarbeitenden – die Know-how-Träger – erst mal weg. Zu bedenken ist: Die Reparaturphase ist teurer als ein zielgerichteter Start nach der Übernahme oder Fusion.

Kann die Fusion oder Übernahme auch besser als angenommen gelingen?

Das ist auf jeden Fall möglich und muss auch das Ziel sein! Das bedeutet aber auch, offen für ein anderes Vorgehen zu sein. Wer die Dinge immer gleich angeht, landet nicht in der Zeitenwende. Irgendwann ist die Zeit zu Ende.

Kommunikation ist ein Schatz mit einer sehr grossen Macht. Wir begleiten unsere Kundschaft dabei, diesen Schatz zu entdecken, zu heben und zu bewahren, damit die «neue», grössere Firma oder Organisation in neuem Glanz erstrahlt. Nicht virtuell, als Fake-Kulisse, sondern als erlebte, glaubwürdige und begeisternde Welt.

Typische Fehler bei Fusionen und Übernahmen

  • Meinen, mit dem Kauf sei die Arbeit getan
  • Befindlichkeiten der Mitarbeitenden und der Kundschaft nicht ernst nehmen
  • Die Macht der Kommunikation unterschätzen – im Positiven wie im Negativen
  • Den Wert von Adressdatenbanken überschätzen
  • Loyalität einfordern
  • Team und Kundschaft nicht erobern
  • Keine ambitiösen Ziele setzen

Tipps

  • Die Lust auf neue Chancen wecken
  • Neue Projekte definieren
  • Mit Charme und Sinn die Kundschaft und Mitarbeitenden erobern
  • Fusion, Firmenkauf, Übernahmen sind immer auch Kommunikationsprojekte
  • Kommunikationsstrategie systematisch entwickeln
  • Eher mittel- und langfristig denken als nur den raschen Kurzzeit-Erfolg suchen
  • Kommunikation professionell umsetzen – kein Patchwork aus Halbheiten
  • Im Kaufpreis die erforderlichen Marketing- und Kommunikationsmassnahmen mitrechnen
  • Wertschätzung für den emotionalen Wert des Firmenkapitals

Iris Wirz c&p communications
Max-Högger-Strasse 6
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